Wofür Pronomen?
Pronomen verwenden wir sehr häufig. Auch Wörter wie „ich“, „du“, „wir“ oder „ihr“ sind Pronomen. In unserer Sprache sind vor allem Pronomen wie „sie/ihr“ oder „er/ihm“ an Geschlechter geknüpft. Menschen, welche sich weniger oder gar nicht mit dem Geschlecht identifizieren können, das ihnen zugeteilt wurde, können darüber das Geschlecht ausdrücken, dem sie sich zugehörig fühlen. Selbst gewählte Pronomen sind daher zu respektieren und einzuhalten. Es gibt Menschen, welchen du vielleicht aufgrund deiner Vorstellungen von Geschlecht ein bestimmtes Pronomen zuordnen würdest, die aber ein anderes Pronomen nutzen. Erinnere dich daran, dass es – auch wenn es „nur“ ein kleines Wort ist – Menschen verletzen oder verunsichern kann.
Was ist trans und was ist cis?
Eine Person ist trans, wenn das ihr bei der Geburt zugeteilte Geschlecht nicht oder nur teilweise der eigenen Geschlechtsidentität entspricht. Eine Person ist cis, wenn das ihr bei der Geburt zugeteilte Geschlecht der eigenen Geschlechtsidentität entspricht. So ist eine Person ein cis Mann, die bei Geburt den Geschlechtseintrag „männlich“ bekommen hat und sich selbst als Mann wahrnimmt. „Cis“ ist hier keine Beleidigung, sondern dient zur Vermeidung von „Othering“. Cis Menschen werden oft als „normal“, „richtig“ oder gar als „biologische“ Männer und Frauen dargestellt bzw. bezeichnet. Sind trans Menschen abnormal, falsch und unnatürlich? Nein. Die Verwendung von „cis“ als Gegenstück zu „trans“ drückt damit auch aus, dass wir alle Menschen sind und es nicht „richtige“ Männer und Frauen gibt, sondern Männer und Frauen, die cis sind, und Männer und Frauen, die trans sind. Spoiler: Nicht nur soziales Geschlecht ist konstruiert, sondern auch biologisches Geschlecht. Trans und cis sind Kategorien, wie auch Mann und Frau. Sie sind nichts Entgültiges. Die Uhr dreht sich weiter, Sprache verändert sich (Sprachwandel gab es immer schon) und auch gesellschaftliche Verständnisse von Mann und Frau und Binarität grundsätzlich verändern sich. Wo heute noch Unterscheidungen notwendig sind, um als trans Person sichtbar zu sein bzw. da sein zu können, ist vielleicht irgendwann keine solche Kategorie mehr notwendig. Gleichzeitig sind Begriffe, die früher trans Personen beschrieben haben, heute veraltet und beschreiben trans Personen nicht mehr so, wie wir trans Personen heute beschreiben würden. So ist der Begriff „Transsexuelle*r“ inzwischen für viele eine Beleidigung, weil trans sein nichts mit Sexualität zu tun hat, sondern mit der eigenen Identität. (Zumindest ist das unser aktuelles Verständnis) Auch der Begriff „Transvestit“, der teilweise noch im Sprachgebrauch ist, wird von den meisten trans Personen mittlerweile als Beleidigung wahrgenommen. Es sind auch keine Transmenschen, sondern trans Menschen, sind ja immer noch Menschen und keine andere Spezies.
Deshalb:
- Vermeide Begriffe wie „echt“, „richtig“ und „biologisch“ wenn du über cis Menschen redest. Benutze „cis“ oder vermeide das Unterteilen von Menschen in Kategorien, wenn möglich und nicht notwendig.
- Verwende zeitgemäße Begriffe. Sei dir im Klaren, dass Konnotationen sich ändern können und Begriffe immer noch im Sprachgebrauch sind, die für viele trans Menschen verletzend sein können.
- Wenn du unabsichtlich etwas Verletzendes gesagt hast, entschuldige dich kurz und mach da weiter, wo du aufgehört hast. Das kann passieren und die allermeisten trans Menschen werden dir nicht lang böse sein, wenn es unabsichtlich passiert ist.
Werkseinstellungen
Wichtig: Mann und Frau sind soziale Konzepte. Mann und Frau sind keine Werkseinstellungen bzw. natürlichen Kategorien, sondern Kategorien, die wiederum auf gesellschaftlichen Ideen und Vorstellungen beruhen. Ein Mensch ist nicht automatisch ein Mann oder eine Frau, sondern wird in eine dieser Kategorien eingeteilt – durch andere, beispielsweise wenn eine Ärztin aufgrund von Geschlechtsmerkmalen einer Person ein Geschlecht zuordnet. Das entscheiden wir nicht selbst, noch hat „Mutter Natur“ irgendwo festgeschrieben, was ein „Geschlechtsmerkmal“ ist und weshalb Geschlechtsmerkmal A auf Geschlecht A hinweist und was Geschlecht A mit unserem sozialen Status zu tun hat. Biologisches Geschlecht und soziales Geschlecht sind nichts Natürliches, sondern eine Erfindung von uns Menschen. Menschen, die sich und ihre Geschlechtsidentität innerhalb einer binären Geschlechterordnung wiederfinden (cis Männer, trans Männer, cis Frauen, trans Frauen) sind valide und haben ihre Daseinsberechtigung. Menschen, die ihre Geschlechtsidentität jenseits dieser binären Zuordnungen verorten sind ebenso valide und haben ihre Daseinsberechtigung. Nicht binäre Menschen gibt es und gab es schon immer. Das wurde inzwischen oft genug debattiert und viel zu oft verleugnet.
- Biologisches Geschlecht ist ein Konstrukt.
- Soziales Geschlecht ist ein Konstrukt.
- Binarität von Geschlecht ist ein Konstrukt.
- Menschen sind Menschen. Jede Abweichung von einer „Norm“ (die konstruiert ist) macht Menschen nicht weniger menschlich. Das gilt für trans Menschen aber auch für Schwarze Menschen, behinderte Menschen, Menschen mit Migrationsgeschichte, einem anderen Lebensentwurf, einer anderen Sexualität, etc.
- Nicht binäre Menschen verdienen Respekt
Unsichtbarkeit – kein Argument gegen uns
Die Existenz von nicht binären Menschen wird immer wieder in Frage gestellt, selbst wenn nicht binäre Personen laut sagen „ich exisitere“. Diese Unsichtbarmachung von allem was nicht cis und oder binär ist, nennt sich „non binary erasure“. Fehlende Sichtbarkeit von nicht binären Menschen wird in politischen Debatten immer wieder als angeblicher Beweis für die Nicht-Existenz nicht binärer Menschen sowie trans Menschen herangezogen. Aber nur weil man eine Ortschaft nicht auf der Landkarte findet, heißt es nicht, dass die Ortschaft nicht exisiteiert. Nur weil es kaum historische Aufzeichnungen von nicht binären Menschen und trans Personen gibt, heißt das nicht, dass diese Geschichte nicht exisitert. Die Ortschaft wurde beim Kartieren oft übersehen, passte nicht ins Bild. Trans Geschichte wurde zwar kaum niedergeschrieben, aber das heißt nicht, dass diese Geschichte nie geschehen ist – Viele Geschichtsschreibende haben es übersehen und auch damals schon passte trans sein nicht ins Bild. Trans Geschichte gibt es. Trans Menschen waren und sind noch immer unsichtbar. Fragt man die ÖGK nach der Anzahl von trans Personen in Österreich, so schreibt sie auf ihrer Website (Geschlechtsinkongruenz in Österreich 05.01.2025,19:34) „Viele Schätzungen bewegen sich im Größenrahmen von 400 – 500 geschlechtsinkongruenten Personen in Österreich.“ Grundlage davon ist ein Bericht, der sich auf medizinische Zahlen stützt, es werden alle Menschen gezählt, die eine Diagnose haben. (Check? Zahlen sind Anzahl von OPs afaik) Die Diagnose lautet „F64.0“ (ICD10) und schließt per Definition nicht binäre Personen aus. Es ist seit Jahren eine neue Programmierung?, der ICD11 vorhanden, doch es gibt eine 5 jährige Frist, die verstreichen darf, ehe Diagnosen laut dieser neuen diskriminierungsfreieren Vorgabe gestellt werden. Daher ist erst 2027 damit zu rechnen, das auch nicht binäre Personen überhaupt eine Diagnose bekommen können. Nur all jene, die medizinische Schritte einleiten wollen, bekommen die aktuelle F64.0 Diagnose. Nur jene, die bei 3 verschiedenen Personen (Psycholog*in, Psychiater*in und Psychotherapeut*in) diese Diagnose bekommen haben und anschliessend bei der ÖGK durch ein*e weitere*n Chefartzt/Chefärtztin Bestätigung erfahren, sind laut diesem pathologischen System trans und nur diese werden als solche in solche Statistiken aufgenommen. Alle trans Personen, die nicht binär sind, alle trans Menschen, die kein Geld, keinen Zugang oder keine Unterstützung haben – alle die nicht in Österreich versichert sind, alle die keine Pathologisierung erleben wollen und all jene, die kein Coming Out machen wollen oder können sind nicht Teil dieser Statistik. Wenn dieser Artikel beispielweise bei einem Wahlkampf als Grundlage verwendet wird, um zu zeigen, wie verschwindend gering die Anzahl der trans Personen ist, dann stimmen diese Zahlen nicht – die Ortschaft wurde falsch kartiert, sie wird als Weiler angeführt, auch wenn es in Wahrheit ein Dorf ist.
Und es gab Parteien, welche in der jüngsten Vergangenheit davon sprachen, dass die Anzahl der trans Personen „verschwindend gering“ sei (FPÖ Wahlprogramm 2024 zur Nationalratswahl) und damit ihre Position rechtfertigen. 2 Punkte dazu:
1) Die Anzahl der trans Personen in Österreich ist aktuell unklar, ein Wahlkampf auf Grundlage falscher Annahmen und auf Kosten einer Minderheit ist unfair und diskriminierend gegenüber jeder Person, die sich dieser Gruppe zugehörig fühlt.
2) Selbst wenn die Anzahl von trans Personen sehr klein wäre, selbst wenn es nur eine Handvoll Menschen wären, sind es immer noch Menschen. Menschen, die durch Behauptung falscher Tatsachen in teilweise unmenschliche Situationen geraten können. Menschen, denen nicht nur die Existenz abgesprochen wird, sondern auf deren Diskriminierung politische Ziele ausgetragen werden und deren Existenz teilweise so instrumentalisiert wird, dass nicht nur Rechte von trans Personen darunter leiden, sondern Hass auf trans Personen geschürt wird.
- Nicht binäre Menschen verdienen Sichtbarkeit
- Fehlende Zahlen sagen nichts über Anzahl und Verteilung von trans Personen aus, sondern viel mehr über das System, das trans Personen unsichtbar macht
- nur weil es die Mehrheit nicht betrifft, ist die Wahrung von trans Rechten nicht unwichtig. Es gibt Gesetze, die für weitaus kleinere Gruppen geschrieben wurden.
Ein falsches Bild
Das Bild der trans Person, welche im „falschen“ Körper gefangen ist und die durch medizinische Eingriffe in das „andere“ Geschlecht „verwandelt“ wird, stammt aus einem anderen Jahrhundert und trifft so einfach nicht zu. Ebenso die Annahme, dass trans Frauen in ihrer Kindheit am liebsten mit Puppen gespielt haben oder sich heimlich die Pömps von Mama angezogen haben, sind so sicher mal irgendwo passiert, aber treffen kaum zu.
Das Bild, das die Gesellschaft von trans Menschen hat, ebenso wie das Bild was die Gesellschaft von Frauen, Männern, usw. hat, ist stark durch Medien geprägt. Berichterstattungen über trans Personen mit geschlechtsangleichenden Operationen wie zum Beispiel über Christiane Jörgensen haben lange Zeit das Verständnis von trans Personen in der breiteren Öffentlichkeit geprägt. Aussagen von Ärzten sowie Interviews mit deren Patient*innen und nicht Erfahrungsberichte von trans Personen selbst waren lange Zeit die dominierenden Quellen, wenn es um trans Personen ging.
In der Geschichte der Sexologie gibt es sowohl Menschen, die viel für die trans Community geleistet haben, wie beispielsweise Magnus Hirschfeld, der als einer der ersten Transidentität ohne unnötige Pathologisierung einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, als auch Menschen, die wie vielfach immer wieder zurecht nach Meinung vieler innerhalb der Community viel Schaden angerichtet haben, wie Ray Blanchard mit seiner Theorie der Einteilung von trans Frauen zwischen so genannten „Autogynophilen Transsexuellen“ und „Homosexuellen Transsexuellen“, wo transfemininen Menschen, die nicht einem sehr konserverativen Frauenbild entsprechen, das Heterosexualität und ein sehr klassisches Frauenbild vorschreibt, das Trans-Sein abgesprochen wird. Bei einigen Akteuren in der trans Geschichte wie Harry Benjamin herrscht ein differenziertes Bild. Dieser wird positiv erinnert von einigen Vorkämpferinnen innerhalb der Community, da er es ermöglichte, auf legalem Wege zu Hormonbehandlungen etc zu kommen, allerdings wird auch seine gatekeeperische Sichtweise bemängelt. So mussten trans Frauen zu dieser Zeit hauptsächlich ein sehr konservatives Weltbild an den Tag legen, Kleider tragen, brav einen Mann heiraten und zu Hause bleiben und am besten das Leben vor ihrem Coming Out komplett hinter sich lassen und nie wieder zurückschauen. Generell ist zu sagen, dass es eigentlich ein Rückzugsgefecht der Konservativen ist in diesem Zusammenhang, wenn man sich ansieht, was Foucault geschrieben hat über das Einsperren der Menschen in psychiatrischen Einrichtungen.
Unabhängig davon werden die Geschehnisse um Harry Benjamin, Christiane Jörgensen und generell die Lage in den USA oft als Beginn gesehen, obwohl das nicht der Fall ist. Magnus Hirschfeld und das Wissenschaftlich-humanitäre Kommitee und das durch das WhK ermöglichte Institut für Sexualwissenschaft waren für Benjamin eine der wichtigsten Ausgangspunkte für seine Forschung und generell einer der Grundpfeiler von Theorie von und über trans Personen. Die Erkenntnisse des Instituts für Sexualwissenschaft sind trotz dessen Plünderung und Versuch der Vernichtung durch den nationalsozialistischen Unrechtsstaat fundamentale Grundlage für trans Theorie und trans Menschen nach der Zeit des Nationalsozialismus und generell für uns heute, auch wenn versucht worden ist, diese Erkenntnisse, Informationen und Geschichte zu vernichten, wie beispielsweise zu sehen an Bildern einer Bücherverbrennung, die um die Welt gingen, am Berliner Opernplatz. Welche Bücher hier verbrannt wurden, nämlich jene des Instituts für Sexualwissenschaft, wurde viel zu häufig verschwigen.
Faschisten haben immer nicht nur trans Personen als Feindbild gehabt, sondern auch Sexologie. Das Ziel war die Unsichtbarmachung von homosexuellen, queeren und transgender Personen. Lange Zeit war das auch erfolgreich, Paragraphen, die im Strafrecht durch die Nationalsozialisten eingeführt wurden, wurden teilweise erst in den 90ern, wenn überhaupt, aufgehoben.
So ambivalent das Verhältnis zwischen Sexologie und trans Personen selbst auch ist, so ist Ray Blanchard mit seiner Autogynophilie/HSTS Terminologie selbst innerhalb von trans Kreisen immer noch aktuell, das ganze Feld ist jedoch bedroht, auch sehr aktuell durch Verbote von Werken in den USA oder wie im Parteiprogrammen von ÖVP (Fußnote) und FPÖ (Fußnote S. 19) zu lesen ist.
Allerdings ist auch zu sagen, dass nicht nur wir als trans Personen, sondern auch die gesamte Sexologie von Faschos abgelehnt wird. Die trans Community mag ihre sehr gerechtfertigten mit (Teilen) der Sexologie haben, dennoch sind nicht nur wir, sondern auch die Sexologie, die uns als Studienobjekte hat, ebenfalls Feindbild der Faschisten.
So kann man das sehr gut sehen in der ersten großen Bücherverbrennung, die propagandistisch verwertet wurde, jene vor dem sexualwissenschaftlichen Institut in Berlin. (Herzer, M. (2001). Magnus Hirschfeld: Leben und Werk eines jüdischen, schwulen und sozialistischen Sexologen (Bibliothek rosa Winkel Bd. 28 & Schriften der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft Bd. 10; 2. überarbeitete Auflage). MännerschwarmSkript Verlag. (Ursprünglich veröffentlicht 1992))
Wenn trans Personen thematisiert werden, dann geht es oft darum, was zwischen ihren Beinen ist. Trans Körper werden tabuisiert und nicht selten auch fetischisiert. Statistiken der meist gesuchten Begriffe auf Pornoseiten bestätigen das. Um das ein für alle Mal klar zu stellen: es ist kein Fetisch, trans zu sein. Trans Menschen sind kein Fetisch. Wenn ein cis Mann eine trans Frau sexuell anziehend findet, macht ihn das nicht schwul und die trans Frau auch zu keiner „Trap“ bzw. „Falle“, wie trans Frauen oft bezeichnet werden. Lesbische trans Frauen sind weder „hetero mit extra Steps“, noch eine Gefahr für Lesben. Eine trans Frau ist eine Frau, sie kann hetero sein, sie kann bi, pan, lesbisch oder asexuell sein. (auch hier ein keiner Spoiler: Nicht nur Geschlecht, auch die Kategorie Sexualität ist konstruiert. Sexualität ist fluide, veränderbar. Sexualität kann neu definiert werden kann, wie auch Geschlecht neu definiert werden kann.)
Nur weil ein Mensch trans ist, heißt es nicht, dass die Person ihren Körper verändern will oder muss. Es macht eine trans Person nicht mehr oder weniger trans, wenn diese keine Operation macht und nur Homone nimmt, wenn diese nur Operationen macht oder Hormontherapie und Operationen vornimmt. Ebenso ist „die OP“ ein Mythos. So werden Eingriffe an primären Geschlechtsorganen oft bezeichnet. Diese Eingriffe sind nicht für alle trans Personen notwendig. Es gibt trans Personen, die eine Operation im Intimbereich vornehmen und es gibt trans Personen die keine Operationen vornehmen. Trans sein und auch damit verbundene „Geschlechtsdysphorie“ äußert sich bei jeder Person anders.
Manche Menschen stört das, was zwischen ihren Beinen ist, so sehr, dass sie Operationen durchführen wollen. Manche Menschen stört es zwar, aber eine Operation ist nicht das, was sie anstreben. Und wiederum gibt es Menschen, die trans sind, die aber völlig okay sind mit dem was da zwischen ihren Beinen ist. So ist es mit allen Veränderungen, die trans Menschen machen können aber nicht müssen. (Bsp: Brustvergößerung/-verkleinerung/-entfernung, Stimmangleichung, FFS,… und auch die Einnahme von Hormonen und Hormonblockern)
Transmedikalimus
Es gibt selbst trans Personen, die andere trans Personen nur als trans anerkennen, wenn diese bestimmte Schritte vornehmen, wie zum Beispiel eine medizinische Transition. Diese Einstellung wird „transmedikal“ genannt. Das ist Bullshit. Trans Personen welche ein cis Passing (also z.B. bei trans Frauen als cis Frau gelesen werden) haben oder erreichen wollen, sind genauso valide wie jede andere trans Person auch. Ein Beispiel für das Ausschließen bestimmter trans Realitäten aus dem trans Begriff sehen wir beispielsweise bei der Influencerin PersiaX , welche mit ihren Videos teilweise hunderttausende Menschen erreicht und damit vielen trans Personen ein Bild von trans sein vermittelt, das viele trans Menschen in ihrem trans sein entwertet. Dieses Bild dient zur Bestätigung für viele Menschen, die nur bestimmte trans Menschen akzeptieren wollen und damit deren transfeindliches Verhalten mit „eine (folgend eine Selbstbezeichnung, die ich respektieren werde:) transsexuelle Frau im Internet hat gesagt, dass…“ gegen nicht binäre Menschen argumentieren können.
Die Selbstbezeichnung „transsexuell“ kommt bei transmedikalen trans Personen immer wieder vor und war bis vor einigen Jahren noch im Gebrauch für trans Personen, die medizinische Schritte durchführen lassen wollen bzw. durchgeführt haben und kann auf Publikationen des Sexualwissenschaftlers Alfred Kinsey zurückgeführt werden, welcher genauso eine Unterscheidung benannt hat und auf welchen zumindest im Englischen der Begriff „transsexual“ rückführbar ist.
Im deutschsprachigen Raum wurde der Begriff „Transsexualismus“ noch früher durch Magnus Hirschfeld geprägt und später durch Einflüsse aus dem US-amerikanischen Raum populär. Diese ursprünglich in der Sexualwissenschaft eingeführte Trennung, bzw. Kategorisierung wird zu wenig hinterfragt. Trotzdem sind auch trans Personen, welche Begriffe wie transgender, transident oder transsexuell verwenden, alle trans, keine dieser Kategorien ist dabei die einzig Wahre. Trans als Sammelbegriff wird dabei mittlerweile von großen Teilen der trans Community verwendet. Die Definition von trans schließt zwar im allgemeinen nicht binäre Menschen ein, nicht jede nicht binäre Person würde sich aber selbst als trans bezeichnen.
- Es gibt keine richtigen oder falschen trans Menschen
- trans ist ein Sammelbegriff für alle möglichen Begriffe, die sich über Zeit und Geografie entwickelt haben und ist sehr weit als Selbstbezeichnung verbreitet.
- Passing ist kein Muss und keine Vorraussetzung dafür, trans zu sein.
Also keine Ops?
Transmedikale Perspektiven kommen natürlich nicht nur im Internet vor. Bilde dir immer ein eigenes Bild – gerade wenn du dich gerade erst geoutet hast, oder dich das erste Mal mit dem eigenen trans sein auseinandersetzt. Es wird Menschen geben, die dich fragen werden, welche OPs du machen willst. Es kann auch in einem etwaigen Diagnoseprozess eine wiederkehrende Frage sein. Es kann sein, dass dein Umfeld dich dazu bringt, über medizinische Transition nachzudenken oder dass du trans Personen kennen lernst, die dir raten, dies oder jenes zu machen…. Trans sein bedeutet auch, dass unheimlich viele Menschen glauben, über dich und deinen Körper urteilen zu können. Aber Überraschung: Die einzige Person, die über deinen Körper bestimmt und die du dein Leben lang an deiner Seite hast, bist du selbst. Du selbst musst machen, was dir gut tut.
Wenn du dir unsicher bist – auch wenn das vielleicht gerade gar nicht passt: Lass dir Zeit. Ich weiß, wie es ist – gerade erst geoutet, endlich kannst du mehr du selbst sein, du hast „XY Jahre nicht so gelebt, wie du es möchtest“ und hättest am liebsten, dass jetzt alles sehr schnell geht. Das Gefühl Zeit verloren zu haben ist vielleicht da, vielleicht aber auch das Bedürfnis nach Ruhe – nicht mehr aufzufallen, nicht mehr die Person zu sein, die anders ist, nicht mehr verarscht oder scheiße behandelt zu werden. Gerade dann, wenn so viele Gefühle rauswollen, fühlt sich der Rat, sich Zeit zu lassen vielleicht eher nach Stillstand oder gar Rückschritt an. Aber das Wichtigste hast du hinter dir: Du beschäftigst dich mit dir selbst.
Wenn du so weit gekommen bist, dann hast du auch Zeit. Mach nichts unüberlegtes. Lass dir nichts einreden. Nimm dir all die Zeit, die du brauchst, um Entscheidungen zu treffen und eigene Meinungen und Standpunkte zu treffen. Es geht ja schließlich um das Wichtigste, um Dich. ~überarbeiten
Passing
Passing bedeutet, dass dein Geschlecht als das wahrgenommen wird, was es ist. Passing kann dir Sicherheit geben, Passing kann sich aber auch wie ein Käfig anfühlen. Passing erreicht man, indem sich bestimmter Geschlechterklisches bedient wird. Wie Passing aussieht, äußert sich je nachdem ganz unterschiedlich, denn es ist ein sich einfügen. Je nachdem, wer du bist, wie dein Umfeld zusammengesetzt ist, wo du bist, usw. ist Passing etwas ganz anderes. Es kann sein, dass es Make up ist, dass es ein bestimmter Kleidungsstil, eine bestimmte Körpersprache, bestimmte Verhaltensmuster sind,…
Es geht darum, nicht als trans Person wahrgenommen zu werden – so gelesen zu werden wie du eingeordnet werden willst. Aber da ist auch der Haken. Erinnern wir uns: Die Gesellschaft geht von zwei Kategorien, Mann und Frau, aus. Willst du als trans Frau „passen“, so ist „Passing“ vor allem eines: Eine Anpassung an einen Stereotyp, ein Klischee, an Normen und an Erwartungen. Ein Anpassen an Schönheitsnormen, Benimmregeln usw. – ganz viel, womit sich auch viele cis Frauen vielleicht gar nicht so identifizieren können oder wollen. Passing kann eben auch ein Käfig sein.
Und was ist ein nicht binäres Passing? Passing ist für viele Menschen ein guter Weg – aber das gilt nicht für alle. Vielleicht hast du Seiten an dir, die du magst und nicht ganz reinpassen in den Stereotyp „Frau“. Vielleicht möchtest du gar keinem Bild von Frau, Mann oder sonst was entsprechen – all das ist valide und darf so sein.
Und es ist auch vollkommen okay, wenn du ein Passing vor allem anstrebst, um sicherer zu sein, weniger Diskriminierung zu erleben, weil du von bestimmten Menschen wie zB. der Familie akzeptiert werden willst oder keine Energie mehr hast aufzufallen. Wenn du Passing anstrebst, es aber eigentlich nicht in deinem Sinne ist – auch das ist valide und auch das kann so sein.
- Passing ist ein sich anpassen an Geschlechterstereotypen
- nicht jede trans Person muss ein Passing haben
- nicht jede trans Person kann ein Passing haben
- Nicht jede trans Person kann ohne Passing leben
- You are beautiful
WICHTIG:
Trans sein ist so vieles. Es ist Leid, es ist Angst, es ist Alleinsein, es ist Unsicherheit, es ist so viel und kann manchmal so richtig runterziehen. Trans zu sein ist nicht einfach, das war es nie und wird auch lange nicht so sein. Wichtig ist, dass du dir treu bleibst, dass du auf dich hörst und in deinem Tempo weitermachst. Trans sein kann nämlich auch so verdammt schön sein. Es ist wichtig, dass du dich nicht darin verlierst, was alles schlimm ist. Trans sein, nicht binär sein muss nichts Schlimmes sein. Sei dir dem bewusst. Du bist nicht falsch, sondern deine Umgebung ist es, denn:
- Es ist nicht normal, dass man 3 Diagnosen und eine Chefarztgenehmigung braucht, um eine Transition durchführen zu können.
- Es ist nicht normal, dass man eine Diagnose braucht, um als trans Person sein zu dürfen, wer man ist.
- Es ist nicht normal, dass medizinisches Personal mit einem Blick in deinen Genitalbereich über den gesamten Lebensverlauf entscheiden kann.
- Es ist nicht normal, dass diese Entscheidung einmal am Anfang deines Lebens über dich hinweg getroffen wird und du wiederum die Erlaubnis von einem Haufen anderer Menschen brauchst, um diesen Fehler aufzuheben. Warum geht der Staat überhaupt davon aus, dass es in Ordnung sei, dir diese Entscheidung abzunehmen und auf persönlichem Wunsch nicht zu ändern?
- Es ist nicht normal, dass dein Geschlecht so viel mit deiner Position in der Gesellschaft zu tun hat.
- Es ist nicht normal, dass das Geschlecht, das dir zugeteilt wurde von allen anerkannt wird, doch das Geschlecht, das du dir selber zuteilst, wenig bis gar keine Anerkennung bekommt.
- Es ist nicht normal, dass du Hass dafür bekommst, du selbst zu sein.
- Es ist nicht deine Verantwortung, wenn dich andere Menschen wiederholt diskriminieren (zB. durch Misgendering). Dieses Verhalten ist mit mangelnder Sensibilisierung zu erklären.
- Generell ist es nicht normal, dass andere Menschen dich wie selbstverständlich die persönlichsten Dinge fragen, weil sie „nur neugierig“ sind oder du als Lehrperson herhalten musst.
- Es ist nicht normal, dass du sexualisiert wirst – Es ist nicht deine Schuld. Du musst dich weder anders anziehen noch irgendetwas an dir verändern
- Es ist nicht normal, wie viel Mehraufwand du in deinem Leben aufgrund deines trans seins hast.
- Es ist nicht normal, wie viel Hass da draußen gegen trans Personen ist
- Es ist nicht normal, dass dein Staat über deinen Körper entscheiden darf.
- Es ist nicht normal, dass auf deine Kosten politische Strategien ausgetragen werden. Nichts von alledem, was Politiker*innen gegen trans Personen sagen und umsetzen, ist auch nur irgendwie akzeptabel.
- Es ist nicht normal, transfeindlich zu sein oder zu agieren. Egal ob absichtlich oder unabsichtlich. Das darf nicht sein. Mangelnde Sensibilisierung ist nichts, was trans Personen ausbügeln sollen aber leider müssen.
you are beautiful <3